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Sport- und Dopingstrafrecht

Unter dem vergleichsweise neuen Begriff des Sportstrafrechts werden Straftatbestände zusammengefasst, die im weitesten Sinne mit sportlicher Betätigung in Zusammenhang stehen. Das Strafgesetzbuch hält hierfür Tatbestände vor, die nicht speziell auf das sportliche Betätigungsfeld gemünzt sind, aber dort gegebenenfalls zur Anwendung kommen. Dies kann von körperlichen Auseinandersetzungen auf dem Spielfeld bis hin zu Wirtschaftsdelikten im lukrativen institutionellen Rahmen des Profisports reichen. Ein besonders offensives Foul kann beispielsweise eine (fahrlässige) Körperverletzung darstellen. Gerade der verbandsgebundene Profisport bietet hohe finanzielle Anreize, etwa hinsichtlich Sponsoringverträgen oder der Bestimmung von Austragungsorten. In diesem Zusammenhang können schnell steuerstrafrechtliche Vorwürfe oder Korruptionsvorwürfe erhoben werden. Das Strafgesetzbuch kennt jedoch auch Vorschriften, die speziell die Integrität des Sports schützen sollen. So stellen die §§ 265c bis 265e StGB in unterschiedlichen Konstellationen den Sportwettbetrug und die Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben unter Strafe.

 

Mit dem Antidopinggesetz (AntiDopingG) gibt es zudem einen eigenständigen Teilbereich des Sportstrafrechts, der unterschiedliche Formen des Umgangs mit Dopingmitteln unter Strafe stellt. Die Verbote sind weitreichend: Die Herstellung, Veräußerung, Verschreibung oder das Handeltreiben mit Dopingmitteln zum Zwecke des Dopings von Menschen im Sport sind ebenso verboten wie deren Erwerb, Besitz oder Einfuhr. Auch die Fremdanwendung von Dopingmitteln, etwa durch einen Sportmediziner, ist strafbewehrt. Anders als im Betäubungsmittelstrafrecht, in dem reiner Eigenkonsum nicht unter Strafe steht, kann Selbstdoping unter bestimmten Voraussetzungen strafbar sein. Dies betrifft insbesondere die eigenständige Anwendung von Dopingmitteln, um sich bei einem Wettbewerb des organisierten Sports einen Vorteil zu verschaffen. Wann dies einschlägig ist, lässt sich juristisch nicht pauschal beantworten. Bei verbandsgebundenen Veranstaltungen im Bereich Leichtathletik, Radfahren oder Schwimmen steht die sportliche Leistung im Zentrum des Wettbewerbs. Wettkämpfe im Bodybuilding sind dagegen eher als Schönheitswettbewerbe einzuordnen, da die Jurorinnen und Juroren nach ästhetischen Kriterien bewerten, nicht aber unmittelbar die sportliche Leistung in den Blick nehmen. Letztlich ist auch die Einordnung von Bodybuilding-Veranstaltungen aber eine Einzelfallfrage, die sich unter anderem danach richten kann, ob es sich um einen „klassischen“ oder einen „natural“ Bodybuildingwettbewerb handelt. Jenseits sportlicher Wettbewerbe steigt auch die Anzahl des Dopings im privaten Bereich. Wer Dopingmittel für die eigene Form oder den Freizeitsport erwirbt, besitzt oder einführt, verstößt ebenfalls gegen das Antidopinggesetz. Gerade bei privater Nutzung halten viele Konsumentinnen und Konsumenten die zugehörigen Erwerbstaten für Bagatellen. Tatsächlich können die Gerichte je nach Menge aber ganz erhebliche Strafen aussprechen, und die Justiz ist hinsichtlich der Einordnung einschlägiger Substanzen wie Testosteron, Trenbolon, Nandrolon oder Primobalan inzwischen auch fachlich gut aufgestellt.

 

Mögliche Vorwürfe:

 

 

Ein Bodybuilder bestellt online bei einem ausländischen Versandhändler 30 Ampullen Trenbolonacetat mit je 100 mg/ml, um seine Leistung zu steigern und den Muskelaufbau zu fördern. Das Paket wird vom Zoll abgefangen und dem Bodybuilder wird die Einfuhr von Dopingmitteln vorgeworfen.

– Ein Sportmediziner verabreicht einem „Nachwuchstalent“ EPO, um eine Leistungssteigerung zu bewirken, obwohl dies nicht medizinisch indiziert ist. Es folgen strafrechtliche Vorwürfe wegen Fremd- und Selbstdoping.

– Mehrere konkurrierende Unternehmen werben um die Möglichkeit, einen namhaften Sportverein zu sponsern. Um die Entscheidung zu beeinflussen, bietet der Leiter der Marketingabteilung eines der Unternehmen den Verantwortlichen im Sportverein eine „Sonderzahlung“ für eine positive Entscheidung an. Es folgt ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr.

 

Im Sport- und Dopingstrafrecht sind die Verteidigungsmöglichkeiten und Lösungswege vielfältig. Während bei strafrechtlichen Vorwürfen, die im Kern das allgemeine Strafrecht betreffen, praktische Kenntnisse des institutionellen Rahmens der jeweiligen Sportverbände hilfreich sein können, bedarf es im Bereich des Dopingstrafrechts gerade eines individuellen Blicks auf die Beschuldigten. Beim Bodybuilding haben die Beschuldigten häufig über Jahre Probleme mit der Selbstwahrnehmung (Muskeldysmorphie), die mit psychischen Problemen einhergehen kann. Zudem kann sich der langfristige Konsum von anabolen Steroiden ebenfalls auf die Psyche auswirken, was im Strafverfahren berücksichtigt werden muss.

 

Bereits während meines Referendariats konnte ich in einer Spezialabteilung des Amtsgerichts Frankfurt Einblicke in Fälle mit Bezug zum Antidopinggesetz gewinnen. Als Strafverteidiger habe ich unterschiedlichste Verfahren mit Sportbezug betreut, sei es im Zusammenhang mit Ausschreitungen bei Fußballspielen oder dem kleineren Erwerb von oder dem großen mit Handel mit Dopingmitteln.

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